Hospitationsreise Bielefeld und Duisburg
19.06.2024
Profitieren von Erfahrungen | Teams aus allen zehn sächsischen Familienschulzentren haben sich am 14. Mai 2024 auf den Weg nach Nordrhein-Westfalen gemacht, um in Bielefeld und Duisburg zwei Familiengrundschulzentren sowie ein Stadtteilzentrum zu besuchen. Mit dabei waren nicht nur die Leitungen der drei Leipziger und sieben Dresdener Familienschulzentren, sondern auch Schul- und Hortleitungen, Schulsozialarbeitende sowie pädagogisches Personal. Erklärtes Ziel war es, an dem Erfahrungsschatz der seit mehreren Jahren gewachsenen Strukturen in den nordrhein-westfälischen Kommunen sowie den dortigen Familiengrundschulzentren teilzuhaben. Gleichzeitig ermöglichte die Reise den Austausch untereinander sowie die Chance, Anregungen für die eigene Praxis mit in die sächsischen Familienschulzentren (FSZ) zu nehmen.
Austausch und Vernetzung | Den Auftakt bildete am 15. Mai ein Treffen im Stadtteilzentrum „Grüner Würfel“. Nach einer kurzen Einführung zur Struktur der Familiengrundschulzentren (FGZ) in NRW durch den zuständigen Projektmanager der Wübben Stiftung Bildung stellte die kommunale Koordinatorin für Bielefeld die Besonderheiten, Herausforderungen sowie Vorgehensweisen der Stadt Bielefeld bei der Implementierung von Familiengrundschulzentren seit 2020 vor. Die Teilnehmenden diskutierten Fragen wie die systematische Vernetzung der Familienschulzentren mit der Schulsozialarbeit und dem Hortbereich, Stolpersteine und Herausforderungen der multiprofessionellen Kooperation sowie unterschiedliche praktische Problemlösungsansätze. Nach einer kurzen Führung durch das Stadtteilzentrum gab es beim gemeinsamen Mittagessen im inklusiven Bistro „Keimzeit“ Gelegenheit für Erfahrungsaustausch auch zwischen den unterschiedlichen Beteiligten der Familienschulzentren an Grund- und Förderschulen in Sachsen.
Agieren als Verantwortungsgemeinschaft | Am Nachmittag stand die erste Hospitation an der Sudbrackschule im Stadtteil Bielefeld-Schildesche auf dem Programm. Die dortige FGZ-Koordinatorin stellte zusammen mit der stellvertretenden Schulleitung sowie Mitarbeitenden aus dem Team der Lehrkräfte und der Schulsozialarbeit das Familiengrundschulzentrum vor. Besonders deutlich wurde hier, wie eine offene Haltung, der Wille zur multiprofessionellen Kooperation aller Beteiligten und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung, aber auch klare Abstimmungen und Zielsetzungen den Erfolg des Projekts bestimmen.
Vielfalt der Angebote | Vom Eltern- sowie Frauensprachcafé über Bewegungsangebote mit Kindern, Eltern sowie schulischem Personal bis hin zu Basteln, Lesen und Spaziergängen im Stadtteil dient eine breite Angebotspalette dazu, Eltern in den schulischen Kontext einzubinden. So wird Teilhabe ermöglicht, den Eltern aber auch gezeigt, dass sie am Ort Schule und zur Begleitung der Bildungslaufbahn ihrer Kinder gebraucht werden. Dies war auch am nächsten Tag Thema, als die Hospitation in der Stadt Duisburg an der Grundschule Hochfelder Markt fortgesetzt wurde. Kreativität beim Entwickeln von Angeboten und Kommunikationsformaten sowie niedrigschwellige Zugänge für Eltern und Kinder stellten sich dabei als zentrale Erfolgsfaktoren heraus. Viele Eltern sind hier nicht selten noch über Jahre im Elterncafé engagiert, auch wenn ihre Kinder bereits eine weiterführende Schule besuchen.
Vernetzt im Quartier | Zusammen mit der kommunalen Koordinatorin der Stadt Duisburg und der stellvertretenden Schulleitung stellte der Koordinator „sein“ Familiengrundschulzentrum engagiert und mit vielen Beispielen aus der Praxis vor. Ein gemeinsamer Rundgang durchs Quartier verdeutlichte außerdem, wie wichtig die sozialräumliche Vernetzung mit Akteuren in der Umgebung ist. Dazu gehört nicht nur die Präsenz im Stadtteil und der Verweis auf Angebote in der Nähe, sondern auch die gezielte Einbindung von Kooperationspartnern durch Aktionen im Familiengrundschulzentrum vor Ort. Dies schafft eine wichtige Vertrauensbasis und die Möglichkeit, mehr Kindern insbesondere in Stadtteilen in herausfordernden Lagen den Zugang zu Angeboten zu gewähren und damit strukturelle Bildungsbenachteiligungen abzubauen.
FSZ als Schulentwicklungsaufgabe | Die Hospitationsreise zeigte allen Beteiligten nicht zuletzt aber auch: Die erfolgreiche Etablierung von Familien(grund-)schulzentren braucht nicht nur Engagement und Entschlossenheit, sondern auch einen langen Atem. Auch Rückschläge und unvorhergesehene Entwicklungen gehören dazu und sind bisweilen der Ausgangspunkt für neue Ideen, die das Projekt letzten Endes voranbringen. Eine Kultur des geteilten Wissens, offene Kommunikation und die Bereitschaft zur Vernetzung tragen dazu bei, dass Beteiligte von Familienschulzentren von anderen lernen, trotzdem jedoch auch den Mut haben, eigene Wege – angepasst an den jeweiligen Kontext – zu gehen. So lässt sich der Aufbau der Familienschulzentren als Schulentwicklungsaufgabe begreifen – ein Prozess, mit dem den gesellschaftlichen und bildungsbezogenen Herausforderungen unserer Zeit konstruktiv begegnet werden kann.
Fotos: Susanne Tübel